„Abzeichnen“ oder „aus dem Kopf“ ("Aktuell" vom 2.2.2003)

Bei einer Signierstunde in der Dortmunder Westfalenhalle sass ich neben dem polnischen Comiczeichner Kas, Serie „Hans“. Er zauberte den staunenden Besuchern wunderschöne realistisch gezeichnete Figuren in die Alben. Jede wieder anders und alle aus dem Kopf. Ich hätte ihm stundenlang zusehen können, doch ich hatte selber alle Hände voll zu tun. Leider bin ich kein sehr virtuoser Zeichner und brauche für realistische Darstellungen, wie viele meiner Kollegen, immer wieder Fotos, Modelle und den Spiegel.

Ein hübsches Beispiel für eine perfekte Vorlage ist dieses schachspielende Paar aus einer Zeitschrift. Sofort sah ich Maxi und seine Freundin Aili aus der Eiszeit beim Fleischwürzen.

Die Umsetzung der Foto in die Bleistiftzeichnung hat vor allem mit exaktem Beobachten zu tun. Das Verbinden mit der Umgebung, das Anpassen von Gesichtszügen und Kleidern geht mir einfach von der Hand. Der Kopf im Vordergrund ist aus dem Gedächtnis, Profile sind nicht so schwierig.

Da ich auf dickes Aquarellpapier inke, sehe ich beim Durchzeichnen auf dem Leuchttisch die Bleistiftzeichnung nur noch sehr fein, so misslang mir beim Gesicht von Maxi die Tuschzeichnung. Mit Radieren und neu zeichnen war ich dann ganz zufrieden. Dafür merkte ich, dass seine Schultern zu breit geraten waren.

Das gute Papier gleicht dafür beim Kolorieren harte Kontraste aus und erlaubt hübsche Verläufe. Die Überbreite von Maxis Schultern verliert sich etwas in all den Farbeindrücken. Wer hätte geglaubt dass diese Szene in der eiszeitlichen Höhle einmal ein Schachspiel in einem Park war!

Zum Glück gibt es dann auch wieder Panels wie dieses Höhlenbild, die ich aus längst verinnerlichten Bildern „aus dem Kopf“ abrufen kann. Felsstrukturen prägte ich mir auf Spaziergängen im Jura vor meiner Haustür ein, Höhlenbilder habe ich bei anderer Gelegenheit schon oft gezeichnet und die kleinen Figuren im Vordergrund kamen auch irgendwie so im Gedächtnis.

Vielleicht präge ich mir im Verlauf meines Zeichnerlebens immer mehr Situationen ein, schön wärs! Herzliche Grüsse, Franz Zumstein

PS: Für die zeichnende Megi liess ich mich von einem hochgeschätzten französischen Kollegen inspirieren. Wer als erster herausfindet, von wem und es mir mailt, bekommt gratis das neuste Himmelsstürmer Buch zugeschickt!

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